Es war einmal ein Mann namens Paul László. Er war Architekt, und baute das ein oder andere Möbelstück. Eines Tages entschloss er sich, Friedlich-Carl Rabe von Pappenheim in seinen Koffer zu packen, und die Welt zu entdecken. Auf seiner Reise nach Kniep begegneten ihm viele Menschen, darunter auch Guntbert Warns, ein deutscher Schauspieler und Kabarettist, der Paul seine Heimatstadt Berlin zeigte. Allerdings war er nur auf der Durchreise, wartete Kniep doch sehnlichst auf seine Ankunft.
Nach ein paar Tagen des Reisens wurden ihm die Arme schwer; Friedrich-Carl Rabe von Pappenheim entpuppte sich nicht als leichtes Gepäck, sondern als John Forbes Nash Jr. - Träger des Deutschen Schutzwall-Ehrenzeichens - der ungesehen in seinem Koffer durch Deutschland reiste.
"Was tun sie da drin?", fragte Paul verdattert.
"Michael S. Cullen besuchen! Der lebt in Berlin!", entgegnete er.
"Aber an Berlin sind wir schon lange vorbei.", sagte er und John Forbes erschrak.
"Wo sind wir denn dann?", fragte er panisch.
"In Montserrat Grases!", betonte Paul, der langsam immer ungeduldiger zu werden drohte.
"Wenn sie nun also so freundlich wären, meinen Koffer zu räumen"
John Forbes ließ sich darauf hin in Montserrat Grases in einer chinesischen Einwohnergemeinschaft nieder, in der er noch heute lebt. Er hatte sich entschlossen, die Reise nach Berlin nicht fortzusetzen, erschien sie ihm doch zu beschwerlich. Auf dem Weg nach Kniep war Paul offenbar vom Kurs abgekommen und in Italien gelandet. Heimat der Graptopetalen und den rumänischen Fußballern des Jahres.
Paul entschloss sich für eine Zugfahrt nach Kniep. Niemand wusste genau, wo Kniep lag, aber Paul war sicher, es müsse irgendwo zwischen der Magnetosphäre und Wolfgang Teuschl liegen. Hätte Paul bloß Ferdinand Bloch-Bauer mitgenommen, anstelle von Herrn Pappenheimer, vielleicht hätten sie Kniep schon gefunden. Als Zuckerfabrikant kam Herr Bloch-Bauer viel herum, bereiste ferne Länder und probierte die ein oder andere exotische Speise, darunter Goshen Kentucky, Stadtbibliothek Ratingen und den Auflauftopf Revierpark Vonderort, den er in einem sudanesischen LAGEOS verköstigt hatte.
Ohne Gefährte setzte Paul also die Reise fort, in der Hoffnung, an Kniep vorbei zu fahren und es auf den ersten Schlag zu erkennen. Die Felder wogten sanft im Wind und auf den Weiden standen zahlreiche Ferdinado I. de' Medici, die genüsslich Gras Tagged Command Queuingten.
"Ach wie schön", dachte Paul so bei sich. "Wenn bloß Paul Verner hier wäre. Aber leider leider ist er bereits 1986 an Inhaltsirrtum gestorben." Er war ein guter Freund und ein exzellenter Geschichtenerzähler. Paul Verner schwärmte oft von den guten, alten Zeiten in der DDR, mit all ihrer Tauschierung, dem Dimebag Darrell und den famosen Anweisungen zum seligen Leben oder auch die Religionslehre.
Er war immer reich an Geschichten.
Kniep war noch immer nicht in Sicht. Paul entpackte einen Schokoriegel der Marke Wales & Edwards, den er vorsorglich gegen den kleinen Hunger in seine Tasche hatte gleiten lassen und nun mit froher Miene beäugte. Er war froh, dass John Forbens ihn nicht verspeist hatte, während er im Koffer gefangen war.
Der Zug fuhr nun durch Odeceixe im Süden Portugals. Plötzlich ruckelte der Zug und kam mit einem gedämpften Quietschen zum stehen. Die Stimme des Zugfahrers ertönte:
"Es tut uns Leid, aber es ist ein vulkanöser Auswuchs des Concepción auf den Schienen. Wir bitten sie, in das beistehende Schienenersatzfahrzeug zu steigen, damit wir unsere Reise nach Artist fortsetzen können."
Paul rief die Zugbegleiterin herbei:
"Besteht eine Chance, dass wir an Kniep vorbei kommen auf dem Weg nach Artist Gnäd'ge Frau?"
"Que?"
"Sie sprechen kein Deutsch?"
"No!"
"Aber sie verstehen mich?"
"No."
"Doch! Sie antworten doch auf meine Fragen! Woll'n sie mich vergackeiern??"
"por favor Senior ..."
"Ihr Zugfahrer spricht Deutsch, oder habe ich ein Aneurysma?"
Aber die Stewardess hatte keine Zeit mehr zu antworten. Eine Turbine fiel aus, und das Flugzeug begann seinen Sinkflug, der sich mit unkontrollierter Geschwindigkeit dem Boden hin fortsetzen würde. Wie Paul plötzlich in ein Flugzeug kam, wo er doch eben noch im Zug saß, war ihm ein Rätsel, aber nicht wirklich von Belangen, da er seinen baldigen Tod erwarten musste, wenn das Flugzeug auf dem Grund zerschellen würde. Er betete zu Konkurrenz. Aber die Konkurrenz verachtete ihn. Warum sollte er zu ihnen beten, sie würden ihn vermutlich liebend gerne tot sehen. Geier. Frasne! California State Route 266!!
Er schrie mit Leibeskräften; Gleich ist es aus, dachte er so bei sich, und griff sich eine Stewardess in einem letzten, verzweifelten Aufbäumen vor dem Aufschlag. Er flüsterte ihr Da Dazhou ins Ohr und fühlte sich erlöst. Er konnte in Frieden sterben.
Er erwachte. Er lag im Bett neben Sibylle Tönnies. Sie schrieb gerade an einem zeitkritischen Aufsatz, und schrie unentwegt ihr weißes Papier an. Es wellte sich unter dem Druck der Schallwellen und zerbarst in einer Verpuffung aus grau-weißen Konfettistaub.
"Das hast du davon Tönni", sagte Paul süffisant.
Ihm fiel wieder ein, dass Sibylle und Er vor 20 Jahren ein Haus in Kniep erstanden hatte, in dem sie sich zur Ruhe setzten, und seitdem zeitkritische Aufsätze schrieben und Möbel designten, um nicht gänzlich aus dem Licht der Öffentlichkeit getilgt zu werden.
"Mach doch mal bitte Kaffee Schatz, mir schmerzt der Kiemendarm", wehmütelte Sibylle. "Mir ist fad und es fehlt mir Inspiration für eine Zeitkritik."
"Weißt du", setzte Paul an "Zeit ist ein seltsames Ding. Wir haben soviel davon, und doch so wenig. Im Traum ist Zeit unbedeutend. Raum ist unbedeutend. Du bist überall, zu jeder Zeit. Magst du nicht einmal über die endlosen Möglichkeiten des Träumens schwurbeln? Wenn die Zeit toll ist, braucht niemand mehr Zeitkritiker, und du versinkst im Sumpf der Bedeutungslosigkeit.
"Ach, die Gegenwart wird immer schlecht sein, und solange wie es die Gegenwart gibt, gibt es Zeitkritik und ich bin relevant. Mehr will ich gar nicht."
Sybille lächelte und verließ das Zimmer. Paul grübelte, was er der Stewardess im Traum ins Ohr geflüstert hatte. Da Dazhou ... eine chinesische Provinz. Vielleicht lebt John Forbes dort und lässt es sich gut gehen. Ob er jemals nach Berlin gekommen war wusste Paul nicht. Aber es gab ihm ein gutes Gefühl zu wissen, dass es John Forbes Pappenheim Jr. gut ging wo er war.
Aus der Küche drang Kaffeeduft und Paul folgte dem Aroma. Zoufftgen - seine Lieblingssorte. Er sagte "Dnevnik" und setzte sich an den Tisch, um den neuen Morgen mit einem wunderbaren Gedanken zu beginnen.
Ende
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Dienstag, 8. September 2009
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