Freitag, 21. August 2009

Tabus helfen keinem

Der Trierische Volksfreund, lokale Tageszeitung und Säge am Monopolfuton der Deutschen Post AG, hatte heute einen interessanten Artikel zu bieten, den ich aber nicht gelesen habe.

Die Überschrift hat aber impliziert, dass es um die Aufhebung von Tabus ging, und die zweite Überschrift,
in etwas kleinerer Schrift, verriet, dass es um Krebs ging.

Was mich wundert. Ich dachte Krebs sei im Jahre 2009 garkein Tabu mehr. Viele sagen ja zum Beispiel: "Tumor ist wenn man trotzdem lacht", oder so. Man verspottet nicht die Opfer, sondern versucht ihnen ihre verzweifelte Lage nur durch ein wenig Selbererkenntnis zu versüßen, weil das Universum eben eine blöde Kuh ist, und alles per Zufall passiert, wenn sie sich wundern warum gerade sie. Warum nicht sie? Alles ist immer toll, solange man es selber nicht hat. Da haben die Menschen keine Konsistenz.

Wenn in Asien Schlammlawinen ganze Dörfer mitreißen wird in kleinen Seniorengrüppchen, die sich in Wohnsiedlungen morgens um 10 bilden während man in die Stadt einkaufen geht, gesagt, wie schlimm das Alles ist, und wieviel Mitgefühl man mit den armen Menschen hat. Wenn aber Omi morgens samt Einkaufsnetz weggespült würde, wäre das Geschrei groß und die Verzweiflung wäre den Geronten in ihre faltenzerfressenen Fratzen geschrieben. Also entweder findet man das in Asien vergleichsweise schlimm, oder man heuchelt keinerlei Mitgefühl. Bitte entscheiden.

Und zum Tabuthema Krebs: Ich habe gehört, dass es Menschen gibt, die Krebs haben. In unserer Gesellschaft wird krank sein aber gerne stigmatisiert, und die Leute nehmen Abstand, schauen Mitleidig und reißen einem die Spargelgläser aus der Hand, wenn man sie beim ersten Drehen nicht auf kriegt. Wer will das schon. Wer will schon dermaßen entmündingt und kommandiert werden, weil die Gesellschaft einen für nicht mehr herdenfähig hält.

Aber so geht es nicht nur Krebslingen. Auch andere Krankheitsgruppen sind ähnlich schwer auf dem Gemüt. Jeder, der eine normale Erkältung hat, wird ins Bett geschickt und seiner Verantwortung entmündigt. Es wird einem Essen gebracht und ständig fragen Menschen, ob man noch was möchte. Man könnte meinen, das man bald stirbt. Für Krebspatienten, zugegebenermaßen, ein wahrscheinlicheres Szenario. Die gemeine Erkältung verläuft nicht, bis nur mild tödlich, wogegen Krebs schon eine Ecke schlimmer ist.

Das grundlegende Tabu fußt aber auf Krankheit, nicht auf Krebs. Fängt beides mit K an, liebe Redaktion vom Trierischen Volksfreund, ist aber gar nicht soooo ähnlich wie man meinen könnte.

Deshalb lese ich die Zeitung auch gar nicht mehr, sondern lasse mir den Inhalt immer von meiner Mutter nacherzählen. Zuviele Ungenauigkeiten. Ich kann für die Presse nicht alle Ungereimtheiten korrigieren. Sorry.


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